Berliner Landgericht sorgt für Diskussionen:

Urteil wegen Mordes nach tödlichem Unfall bei einem illegalen Straßenrennen

Zwei junge Männer rasen mit hoher Geschwindigkeit durch Berlin, missachten mehrere rote Ampeln und verursachen schließlich einen Unfall, bei dem ein Unbeteiligter stirbt. Da sie die Folgen ihres Handelns billigend in Kauf genommen hätten, gingen die Richter des Berliner Landgerichts von einem „bedingten Tötungsvorsatz“ aus.

In der Mitteilung des Gerichts heißt es weiter: „Darüber hinaus hätten die Angeklagten das Mordmerkmal des gemeingefährlichen Tatmittels verwirklicht. Die Angeklagten hätten ihre Autos, schwere und PS-starke Gefährte, nicht mehr unter Kontrolle gehabt und damit eine hohe Anzahl von anderen Verkehrsteilnehmern und Passanten auf dem auch nachts stark frequentierten Kurfürstendamm in Gefahr gebracht. Sie hätten es dem Zufall überlassen, ob und wie viele Menschen durch ihr Verhalten zu Schaden kommen.“

Das Urteil bewegt die Gemüter und wird ganz unterschiedlich gewertet. So fragt Reinhard Müller in einem Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ): „Lebenslang für Raser – sind wir jetzt alle potentielle Mörder?“, während z. B. Stefan Heimlich, Vorsitzender des Auto Club Europa (ACE) es begrüßt, „dass das Landgericht Berlin hier ein hartes Urteil fällt“ und auf Abschreckungswirkung hofft: „Illegale Rennfahrer ignorieren bewusst, dass andere Verkehrsteilnehmer getötet werden können, und disqualifizieren sich damit selbst, eine harte Strafe und ein lebenslanges Fahrverbot sind hier angemessen“, so Heimlich. Auch die Reaktionen, die z. B. das Nachrichtenmagazin FOCUS-Online oder der Deutschlandfunk gesammelt haben, reichen von überzeugter Zustimmung bis zu skeptischen Zweifeln an der Rechtsstaatlichkeit: „Die Richter haben ein Zeichen gesetzt“ (Die Welt, Berlin), „Rasen tötet, es ist kein Kavaliersdelikt“ (Rheinpfalz, Ludwigshafen), „Der Druck auf Staatsanwaltschaften wird wachsen“ (Der Tagesspiegel, Berlin), „Ein schwacher Trost für die Hinterbliebenen“ (Badisches Tagblatt, Baden-Baden), „Der Richterspruch lässt Fragen offen“ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Essen), „Exemplarische Bestrafungen passen nicht zu einem Rechtsstaat“ (Stern, Hamburg), „Härtere Strafen machen die Gesellschaft nicht friedlicher“ (Kölner Stadt-Anzeiger), „Der Bundesgerichtshof sollte das Berliner Urteil in der Revision korrigieren“ (Badische Zeitung) …

Das Urteil (Aktenzeichen: 535 Ks 8/16) ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung wird das Urteil auf dem Wege der Revision anfechten. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs wird mit Spannung erwartet.

DiH (Redaktion)