§ 4 Abs. 6 der Fahrschülerausbildungsordnung bestimmt, dass regelmäßig nicht mehr als 2 Doppelstunden am Tag anrechenbarer theoretischer Unterricht abgehalten werden dürfen. Die Zusammenfassung der Ausbildung in Intensivkursen mit mehr als 2 Doppelstunden täglich ist durchaus umstritten, weil § 4 Abs. 6 der Fahrschülerausbildungsordnung als Sollvorschrift ausgestaltet ist und insoweit Interpretationen zulässt, ob, wann und welche Ausnahmen möglich sind.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte schon 1983 entschieden, dass ein Ganztagsunterricht, bei dem im Rahmen eines Kompaktkurses der theoretische Unterricht in 7 Doppelstunden an einem Tag (8.00 -18.00 Uhr) abgehalten werden sollte, als unzulässig anzusehen ist. Mit einem solchen Unterricht sei weder eine ausreichende Wiederholung zur Festigung des Gelernten noch die aus verkehrspädagogischer Sicht erforderliche Umsetzung der theoretischen Kenntnisse in den praktischen Unterricht (sog. Verzahnung) gewährleistet. Das Bundesverwaltungsgericht ließ allerdings offen, wann ein Abgehen von der Regel der Begrenzung des Unterrichtes auf 2 Doppelstunden möglich ist.

Auch nach der Auslegung der zuständigen Verwaltungsbehörden trägt die Beschränkung des theoretischen Unterrichts auf täglich 2 Doppelstunden dem Umstand Rechnung, dass ein Fahrschüler in der Regel über einen solchen Zeitraum hinaus nicht aufnahmefähig ist (und zwar auch in den Schulferien) und dass ein im Unterricht behandeltes Thema sich erst einmal setzen muss, bevor das nächste Thema begonnen wird. Auch sollte der Fahrschüler Gelegenheit haben, die theoretischen Kenntnisse in der Praxis anzuwenden.

Das OLG Hamm hat in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale die strenge Auslegung des § 4 Abs. 6 der Fahrschülerausbildungsordnung 2019 nochmals bestätigt. Dort hatte eine Fahrschule angekündigt, dass bei einer Motorradausbildung der Fahrschüler bereits am siebten Ausbildungstag die theoretische Prüfung ablegen kann. Auch dies wäre nur möglich, wenn der theoretische Unterricht entgegen § 4 Abs. 6 Satz 3 in den für die Ausbildung zur Verfügung stehenden 6 Werktagen mit mehr als 2 Unterrichtseinheiten durchgeführt wird. Im konkreten Fall musste an 4 der 6 Ausbildungstage je eine zusätzliche dritte Unterrichtseinheit abgehalten werden. Das OLG Hamm hat diese Praxis als unzulässig angesehen und die Fahrschule zur Unterlassung verurteilt. Zulässige Ausnahmen für die Verdichtung des Unterrichtes auf mehr als 2 Doppelstunden am Tag auch im Rahmen eines Ferien- oder Kompaktkurses sind sicher die Erkrankung eines Fahrlehrers mit der Folge der Gefährdung der Erreichung des Kurszieles. Vor dem Hintergrund der Ausbildungsziele und der Verzahnung von Theorie und Praxis müssen sich diese Ausnahmen aber auf derartige unvorhersehbare Ereignisse beschränken.

Die Diskussion um den theoretischen Unterricht hat in der Corona-Pandemie wieder an Fahrt aufgenommen durch die temporäre Zulassung von Online-Theorieunterricht. Nicht zu beanstanden ist es sicher, wenn eine Fahrschule mehr als 2 solcher Online-Doppelstunden pro Tag anbietet. Für den Nachweis der theoretischen Ausbildung können aber nur 2 Einheiten je Tag und Fahrschüler/in berücksichtigt werden. Dies sieht eine Fahrschule in Nordrhein-Westfalen anders und beruft sich dabei auf einen Erlass des Verkehrsministeriums, das mehr als 2 theoretische Unterrichtseinheiten am Tag zugelassen haben soll. Unabhängig davon, dass ein solcher Ländererlass die bundesweit geltenden Vorschriften der Fahrschülerausbildungsordnung nicht außer Kraft setzen kann, ist weder in dem Erlass noch in der konkreten Bewilligung der Durchführung der Online-Theorie durch die zuständige Verwaltungsbehörde eine solche Regelung tatsächlich enthalten. Die Wettbewerbszentrale hat daher beim LG Münster Klage erhoben, um klären zu lassen, dass die Beschränkung auf 2 Doppelstunden anrechenbaren theoretischen Unterricht am Tag auch für den Online-Unterricht gilt.

In einem weiteren Fall zur Werbung mit Online-Theorieunterricht führt die Wettbewerbszentrale vor dem LG Berlin ein Grundsatzverfahren zum Thema Online-Theorie. Das Unternehmen bietet Fahrschülern bundesweit die Durchführung von Online-Theorieunterricht an mit dem Hinweis, die praktische Ausbildung könne dann in einer beliebigen Fahrschule fortgesetzt werden. Die Wettbewerbszentrale hat dazu eine ganze Reihe von Werbeaussagen als irreführend beanstandet und vor dem LG Berlin Klage auf Unterlassung erhoben.

Um die Theorie vermitteln zu können, müssen Fahrschüler aufnahmebereit sein. © Adobe Stock