Selber fahren macht glücklich: Fahrlehrer und Lions Club spendieren Blinden Fahrspaß auf dem Flugplatz

Fahrlehrer Uwe Wenzel (FS Downtown) lässt den erblindeten Achim Wenger auf der 2,5 km langen Startbahn „schalten und walten“. © DEGENER

Fahrlehrer Uwe Wenzel (FS Downtown) lässt den erblindeten Achim Wenger auf der 2,5 km langen Startbahn „schalten und walten“. © DEGENER

Es ist bereits das dritte Mal, dass der Lions Club Hannover Eilenriede, gemeinsam mit Blindenverbänden, engagierten Fahrlehrern und dem Lufttransportgeschwader (LTG) 62 in Wunstorf, ein „Auto fahren für Blinde“ auf der Start- und Landebahn des Wunstorfer Militärstützpunktes organisiert.

Am Steuer sitzt Achim Wenger, ein gestandener Mann, spät erblindet, in jüngeren, sehenden Jahren selbst Auto gefahren. Jetzt erlebt er das Autofahren nur noch vom Beifahrersitz und traut sich kaum etwas zu sagen, wenn seine Fahrer aus seiner Sicht zu spät den Gang wechseln: Das vermisst er besonders, das Gefühl zu schalten, Gänge einzulegen und Gas zu geben. Heute darf er. Und er macht seine Sache gut – und gibt so richtig Gas.

„Es ist ein hohes gegenseitiges Vertrauen“, betont Fahrlehrer Werner Röhr (FS Austen), „Fahrlehrer und Fahrschüler können sich hier besonders aufeinander verlassen, man spürt, alle sind voll bei der Sache, die Fahrer sind bei aller Freude sehr konzentriert.“ Das Erlebnis habe sicher auch Rückwirkungen auf den Alltag, meint Martin Mietzner (FS Borth), „die blinden Fahrer erhalten ein Gefühl dafür, wie komplex das Autofahren ist und welche Auswirkungen schon kleine Abweichungen haben.“ „Und sie spüren einmal den direkten Zusammenhang vom selber Gasgeben, Bremsen – und den dazugehörigen physikalischen Kräften“, ergänzt Eckhardt Schöne (FS Centrum).

Aber auch umgekehrt, hofft Lions-Initiator Madan Arora, solle diese Veranstaltung wirken, im Sinne einer Sensibilisierung der Fahrlehrer für die Probleme von Blinden im Straßenverkehr, die nicht nur durch leise surrende Elektrofahrzeuge zunehmen. Er hoffe, dass zumindest die teilnehmenden Fahrlehrer die erforderliche Rücksichtnahme an ihre sehenden Fahrschüler weitergeben werden.

Eine Aktion, die zur Nachahmung einlädt: Das belegt auch der großer Applaus aller Beteiligten zum Abschluss, als Oberst Ludger Bette vorschlägt, beim nächsten Mal einen Blitzer zur Tempomessung aufzubauen. Aber nicht, um zu bestrafen, sondern um den schnellsten blinden Fahrer des Jahres auszuloben …

Die Motorengeräusche und den Jubel der Gäste noch im Ohr möchte man dem gesamten Veranstaltungsteam rund um den Lions-Club zurufen: „Gut gebrüllt, Löwen!“ © DEGENER

Die Motorengeräusche und den Jubel der Gäste noch im Ohr möchte man dem gesamten Veranstaltungsteam rund um den Lions-Club zurufen: „Gut gebrüllt, Löwen!“ © DEGENER

HINTERGRUND:

Die 19-Jährige Vildana sitzt an diesem Tag zum ersten Mal am Steuer. Aufgeregt hört sie den Anleitungen zu, bevor es losgeht. Das kleine Bild zeigt Fahrlehrer-Organisator Karl-August Albrecht. © DEGENER

Die 19-Jährige Vildana sitzt an diesem Tag zum ersten Mal am Steuer. Aufgeregt hört sie den Anleitungen zu, bevor es losgeht. Das kleine Bild zeigt Fahrlehrer-Organisator Karl-August Albrecht. © DEGENER

Ursprung der Aktion war eine Anfrage des Lions-Club-Beauftragten für die Blindenarbeit, Madan Arora, der die Blindenverbände einfach mal direkt gefragt hat, welcher Wunsch den Sehbehinderten besonders auf dem Herzen liege. Die Antwort lautete: Auto fahren. „Die jungen Leute leben ja nicht unter einer Glasglocke“, erklärt Kerstin Schäfer vom Landesbildungszentrum für Blinde, „sie surfen wie jeder andere durch soziale Netzwerke und haben genügend Kontakte, um den Stellenwert von Führerschein und Autofahren in unserer Gesellschaft zu kennen.“ Gemeinsam mit den „Kollegen“ vom Lions Club Steinhuder Meer, dem Kommando des Fliegerhorsts und Fahrlehrer Bernd Neiseke (FS Centrum) wurde der Wunsch vor drei Jahren erstmals erfüllt. In diesem Jahr hat Karl-August Albrecht (FS Centrum) die Fahrlehrer organisiert, die mit Fahrzeugen, Treibstoff und Bremsbelägen etwa 60 Sehbehinderten und Blinden ein unvergessliches Vergnügen spendiert haben.

DiH (Redaktion)