Winterweihnachtsstädte im Verkehrsstress

Die oft vermutete mangelnde Rücksichtnahme der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer auf die begrenzten Möglichkeiten der jeweils anderen (z. B. sind Fußgänger langsam, Radfahrer plötzlich da und Autofahrer rücksichtslos) wird jetzt durch die Auswertung einer bundesweiten Kampagne belegt: „Ob Auto- oder Radfahrende, beide Verkehrsteilnehmer zeigen fehlerhaftes Verhalten im Straßenverkehr“, so resümiert der ACE (Auto Club Europa) das zentrale Ergebnis seiner bundesweiten Verkehrssicherheitskampagne „Fahr mit Herz!“. Das bestätigt die Eindrücke z. B. der regionalen Aktion in Neustadt am Rübenberge (vgl. DEGENER Newsletter vom 29.8.18).

Erschwerte „Einkaufsbedingungen“ mit dem Auto – aus Sicht der Prüfungsfragen (1.1.04-107). © argetp21

Erschwerte „Einkaufsbedingungen“ mit dem Auto –
aus Sicht der Prüfungsfragen (1.1.04-107). © argetp21

Laut ACE „missachten rund 40 Prozent der Autofahrenden und knapp 36 Prozent der Fahrradnutzer regelmäßig Verkehrsregeln. Von März bis Oktober 2018 wurde im Rahmen der bundesweiten Aktion das Verhalten von mehr als 22.000 Radfahrenden und über 30.000 Autofahrenden analysiert und ausgewertet.“ Auch wenn die Zahl der Radfahrenden jetzt witterungsbedingt etwas abnehmen dürfte, zeigen die Auswertungen eindeutige Trends zu leichtfertigem bzw. bewusstem Fehlverhalten: „Das mit Abstand häufigste Fehlverhalten bei Autofahrern ist der ausbleibende Schulterblick (rund 30 Prozent) beim Abbiegen an einer Kreuzung.“ Wer mit dem Fahrrad unterwegs ist neige hingegen dazu, den Fußgängerüberweg regelwidrig zu nutzen (rund 18 Prozent).

Fazit der Untersuchung ist erhöhter Aufklärungsbedarf. „Wie die gesammelten Daten belegen, sind fehlende Rücksichtnahme, der Verlass auf technische Assistenten und Ablenkung keine Ausnahmeerscheinungen: Jeder dritte Autofahrende bedroht ohne Schulterblick beim Abbiegen beziehungsweise Streifenwechsel den nachkommenden Verkehr, der sich im toten Winkel befindet. Und jeder fünfte Radfahrer stellt, indem er sich den Fußgängerüberweg zu eigen macht, für zu Fuß Gehende ein Verletzungsrisiko dar.“ Eine Mahnung, die angesichts der erschwerten Verkehrsbedingungen in weihnachtlich dekorierten Innenstädten noch an Bedeutung gewinnt. Die Bemühungen städtischer Verkehrsplaner, den Autoverkehr aus Gründen der Abgasbelastung und der Unfallgefahren aus den Zentren zu verbannen – und gleichzeitig die Attraktivität der Innenstädte zu erhalten, zielen offenbar in die gleiche Richtung. So fordert der Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz in Hannover mutige Ansätze zur Verkehrswende, wie die Abschaffung von Parkplätzen und engere Straßen (Göttinger Tageblatt vom 4.11.2018). – Möglicherweise ist es in Zukunft dann tatsächlich ruhiger in den Ballungszentren, weniger einladend für den Autoverkehr und trotzdem belebt in Tempo 30-Zonen und Fahrradstraßen, die Autofahrer noch „mitnutzen“ dürfen, aber ob das auch bedeutet, es wird unfallfreier? Wer weiß …

DiH (Redaktion)